Hochwasserschutz Bad Staffelstein, Landkreis Lichtenfels

Die am Fuße des Staffelbergs gelegene Stadt Bad Staffelstein, eingebettet in die die eindrucksvolle Kulisse zwischen Kloster Banz und der Wallfahrtsbasilika Vierzehnheiligen, wurde im Laufe ihrer Geschichte immer wieder von Hochwässern das Lauterbachs, einem Gewässer 2. Ordnung, heimgesucht. So wurden im Jahr 1926 große Bereiche des westlichen Stadtgebietes (ca. 48 ha) überschwemmt und in Mitleidenschaft gezogen. Am 22.05.1978 trat ein weiteres markantes Hochwasserereignis auf, das statistisch nur alle 50 Jahre eintritt und welches erhebliche Schäden verursachte. Darauf hin wurde begonnen, Lösungsmöglichkeiten für einen technischen Hochwasserschutz für die Stadt zu erarbeiten. Schließlich konnten in mehreren Abschnitten zwischen 1986 bis 1999 erste Teile des Hochwasserschutzes in Bad Staffelstein vom Thermalbad am nördlichen Stadtrand bis etwa Stadtmitte realisiert werden.

Um einen umfassenden Schutz vor dem sog. „hundertjährlichen Hochwasser“ (HQ100) zu gewährleisten, waren jedoch weitere Maßnahmen erforderlich:

  • Fertigstellung des innerörtlichen Ausbaus
  • Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens kurz oberhalb des Siedlungsbereich

Mit Fertigstellung des Innerortsausbaus kann bereits ein Grundschutz vor einem Hochwasserereignis, das statistisch im Mittel alle 20 Jahre eintritt, gewährleistet werden. Der anzustrebende Schutz vor HQ100 wird jedoch erst in Kombination mit dem Hochwasserrückhaltebecken erreicht.

Der Spatenstich für den Innerortsausbau erfolgte am 12.12.2008 unter der Bauherrschaft des Bezirks Oberfranken.

Im Zuge der Baumaßnahme wurde das Gewässer, teilweise unter bautechnisch schwierigsten Bedingungen aufgrund der beengten Verhältnisse, auf einer Länge von ca. 1,6 Kilometern von an der engsten Stelle 2,50 m auf durchgängig mindestens 6,0 m aufgeweitet. Innerhalb der Bebauung wurden über weite Strecken beidseitig Mauern errichtet, abschnittsweise konnte jedoch auch eine Böschung erstellt werden. Bei der Gestaltung der Mauern wurde, sieht man mal vom Bereich der historischen Stadtmitte ab, auf eine Natursteinverkleidung verzichtet. Stattdessen kamen zur Gestaltung der Betonoberfläche erstmalig sog. Strukturmatrizen zum Einsatz. Durch eine nachträglich aufgetragene, tief in den Beton eindringende Farbbeschichtung (Nawtone) wird der Eindruck einer Sandsteinmauer erzielt. Beim Abdeckstein kam dagegen durchgehend ein Naturstein in Form eines gelben Sandsteins im Farbton der eingefärbten Betonmauer zum Einsatz.

Lauterbach nachher Bild vergrössern Lauterbach nachher
Farbbeschichtung mit Nawtone Bild vergrössern Farbbeschichtung mit Nawtone

Infolge der Gewässeraufweitung mussten vier Straßenbrücken, eine Geh- und Radwegbrücke sowie zwei Stege an den neuen Gewässerquerschnitt angepasst und entsprechend neu gebaut werden.

Zeitgleich wurde auch noch eine Staatsstraßenbrücke durch das Staatliche Bauamt Bamberg erneuert, was nicht nur für den Baubetrieb, sondern auch für die Aufrechthaltung des Straßenverkehrs und der Rettungswege eine zusätzliche Herausforderung darstellte.


Angerstraßen-Brücke nachher Bild vergrössern Angerstraßen-Brücke nachher

Die Brückenbauwerke im Ortsbereich wurden auf 20 m lange Bohrpfähle gegründet, da eine Flachgründung in den beengten Verhältnissen des Innenstadtbereichs nicht möglich war. Als Überbaukonstruktion kam ein WIB-Überbau (Walzträger in Beton) zur Ausführung. Diese Bauweise ermöglicht eine sehr schlanke Konstruktion. Sie gewährleistet, dass ohne wesentliche Veränderung der vorhandenen Straßenverläufe entsprechend Freibord unter der Brücke bei Hochwasser gegeben ist.

Baubegleitend mussten diverse bestehende Leitungen verlegt werden, angefangen von einer Gasleitung bis hin zur Verlegung von Kanälen, Wasserleitungen und eines Regenüberlaufbeckens. Bedingt durch die Gewässeraufweitung musste ein Wohngebäude sowie diverse Nebengebäude und eine Lagerhalle abgerissen werden, wobei sich Wohngebäude und Lagerhalle in städtischem Eigentum befanden und das Wohngebäude und unbewohnt war. Dadurch konnte der Abriss ohne größere Komplikationen vorgenommen werden. Weitere drei Nebengebäude konnten durch einen Teilabriss erhalten bleiben.

Neben den reinen technischen Aspekten waren auf Grund der Innenstadtlage auch gestalterische bzw. städtebauliche Elemente bei der Planung zu berücksichtigen (Kurort!). So wurden sämtliche neue Straßenbrücken nach einem einheitlichen Gestaltungskonzept errichtet. In Anlehnung an die umliegenden historischen Fachwerkgebäude des ensemblegeschützten Altstadtkerns wurden die Geländer in Fachwerkoptik gestaltet und farblich auf bereits bestehende Geländer entlang des Gewässers abgestimmt. Sofern es die Platzverhältnisse zuließen, wurden die linienhaften Hochwassermauern durch stark befestigte Böschungen ersetzt und aufgelockert, um das Gewässer zugänglich und erlebbar zu gestalten. Bestehende gewässerparallele Wege wurden wieder hergerichtet und im Oberlauf der Maßnahme neue Wege in den Hochwasserabflussquerschnitt integriert ("Grünes Band").

Mühlbach im Grünen Band Bild vergrössern Mühlbach im "Grünen Band"

Eine weitere technische und gestalterische Herausforderung war, den bestehenden Mühlbach als historisches städtebauliches Element in das Hochwasserschutzkonzept zu integrieren. Im Bestand vereinigten und trennten sich Mühlbach und Hauptgewässer im Planungsgebiet mehrfach. Nun musste der Mühlbach einerseits vom Hochwasserabfluss im Lauterbach abgekoppelt werden, andererseits war technisch zu gewährleisten, dass im Mühlbach eine konstante Wasserführung erhalten bleibt. Dazu wurde u. a. ein vorhandenes Schütz erneuert und ein zweites neu errichtet. Ein bisher bestehendes Wehr im mittleren Projektbereich, das bisher für die Speisung des unteren Mühlbachabschnitts sorgte, wurde dagegen komplett abgerissen. Weiterhin musste der Mühlbach unter einer Hauptverkehrsstraße gedükert werden. In Teilabschnitten wurde der parallel zum Lauterbach verlaufende Mühlbach verlegt, um den erforderlichen Hochwasserabflussquerschnitt für das Hauptgewässer sicherstellen zu können.

Mühlbach-Kaskade Bild vergrössern Mühlbach-Kaskade

Der Bauabschnitt konnte schließlich nach einer knapp dreijährigen Bauzeit im September 2011 in Betrieb genommen werden. Nach einer gemeinsamen Begehung der Baumaßnahme wurde der Hochwasserschutz feierlich durch Staatssekretärin Melanie Huml und Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler eingeweiht. Auch die große Anzahl der Bürger, die dem Festakt beiwohnten, dokumentierte das rege Interesse der Öffentlichkeit an der Hochwasserschutzmaßnahme.

Die Prominenz war zahlreich vertreten Bild vergrössern Die Prominenz war zahlreich vertreten